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Wie können 950 Flüchtlinge sinnvoll untergebracht werden?

FDP-FRAKTION ZÄHLT VERWALTUNG AN: „AUS ALTEN FEHLERN NICHTS GELERNT.“ BEZIRKSBEIRÄTE REAGIEREN MIT UNVERSTÄNDNIS UND MACHEN BESSERE VORSCHLÄGE.
 

Die Landeshauptstadt Stuttgart bietet derzeit etwa 8800 geflüchteten Menschen Obhut und Asyl. Davon leben etwa 25 Prozent in Notunterkünften. Sei es in Hotels oder den Nebenhallen der Hanns‐Martin‐Schleyer‐Halle.

„Dort können die Menschen sich nicht selbst versorgen. Die Lage wird als äußerst angespannt beurteilt, eine Zuspitzung für den Herbst erwartet“, schreibt die Stadt auf Internetseite „stuttgart.de“, „daher will die Verwaltung schnellstmöglich zusätzliche Unterkünfte und Alternativen zu den Notunterkünften bereitstellen.“

Weiter heißt von Seiten der Stadt: „Die Verwaltung plant mit rund 950 weiteren Plätzen, deren Schaffung mit Investitionen von gut 50,6 Millionen Euro verbunden ist. Konkret geht es um zwei Vergrößerungen von geplanten Standorten und fünf neue Standorte. So sollen die bereits beschlossenen Standorte in Modulbauweise in der Amstetter Straße (Hedelfingen) auf insgesamt 124 (zusätzlich 48 Plätze) und „In den Entenäckern“ (Plieningen) auf insgesamt 156 (zusätzlich 56 Plätze) Plätze erweitert werden.

Als neue Standorte für Modulbauten hat die Verwaltung einen Parkplatz in der Parlerstraße (Stuttgart‐Nord), eine Brachfläche am Schwanenplatz (Stuttgart‐Ost) und den Tennenplatz Neuwirtshaus (Zuffenhausen) in den Blick genommen. Für die Parlerstraße sind 184 Plätze und zwei Module für Büros vorgesehen, für den Schwanenplatz 108 Plätze und ein Büromodul, in Neuwirtshaus sollen es 248 Plätze mit zwei Büromodulen werden. In Containerbauweise sollen in der Wolframstraße (Stuttgart‐Nord) bis zu 162 Plätze und in der Leobener Straße (Feuerbach) bis zu 145 Plätze entstehen.

Alles in allem sollen so – zusammen mit den bestehenden Planungen – 1124 Plätze geschaffen werden, wofür 65 Millionen Euro aufzuwenden sind.“

Die Pläne zur Umsetzung wird nun seit 10. Juli in den betroffenen Bezirken und deren Beiräten sowie in den Fachausschüsse auf Grundlage einer Vorlage diskutiert. Nach diesen Beratungen soll der Gemeinderat am 26. Juli grünes Licht für die Umsetzung geben. Dieser Zeitplan ist ambitioniert.

Die FDP-Fraktion im Gemeinderat hat dazu folgende Haltung:

„Flüchtlingsunterbringung ist eine selbstverständliche Aufgabe der Stadt, allerdings auch ein sehr sensibles Thema. Zudem scheint die Verwaltung aus alten Fehlern nicht zu lernen. Die Vorlage kommt erneut sehr spät. Eine seriöse Vorbereitung in den Bezirksbeiräten sowie den Fachausschüssen ist kaum möglich. Auch die Auswahl der jeweiligen Standorte ist ungünstig. Schon jetzt lässt sich prophezeien, dass die Standortauswahl für Aufregung in manchen Bezirken sorgt.“
Dies zeigt auch eine Blitzumfrage unter den jeweiligen Bezirksbeiräten der FDP:

ZUFFENHAUSEN: „ÜBER DIE GEBÜHR BELASTET“
 

„Verkürzt lässt sich auch sagen: Zuffenhausen ist bereits über Gebühr mit der Unterbringung von Geflüchteten belastet und sollte nicht noch weiter belastet werden. Daher lehnen wir den Bau einer weiteren Unterkunft, zumindest für eine solche Vielzahl weiterer Geflüchteter, im Stadtbezirk ab.

Zuffenhausen gehört bereits jetzt zu den Bezirken, in denen der soziale Zusammenhalt von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern als sehr gering eingestuft wird und die sozialen Probleme als hoch. Das würde sich durch eine weitere Unterbringung von Geflüchteten in der beabsichtigten Größenordnung noch weiter verschärfen.

Der vorgesehene Standort ist zudem nicht geeignet, weil es an der erforderlichen Infrastruktur fehlt. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich zudem überwiegend Wohnhäuser, mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft ist bei einer Unterkunft der vorgesehenen Größenordnung zu rechnen. Daher lehnen wir die Unterkunft, vor allen Dingen in der geplanten Größe, ab.“ Stadtgruppenvorsitzende Gaby Heise und Bezirksbeirat Karlheinz Schmid.

PLIENINGEN: „BEZIRK MIT ZWEITGRÖSSTER ZAHL VON FLÜCHTLINGEN BEZOGEN AUF EINWOHNERZAHL
 

„Die Vorlage dieser wichtigen Sache kam vier Tage (Wochenende inklusive) vor der Bezirksbeiratssitzung. In dieser kurzen Zeit noch Informationen zu bekommen oder mit betroffenen Bürgern zu sprechen ist kaum oder nicht möglich.

Plieningen ist der Stadtbezirk mit der zweitgrößten prozentualen Anzahl von Flüchtlingen, bezogen auf die Einwohnerzahl: 3,97 Prozent. Nur Möhringen mit 4,09 Prozent hat noch eine höhere Prozentzahl (Stand: 30.06.2023).

Ich fordere daher eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge. Zudem erscheinen die Kosten der Unterkunft in den Entenäcker von etwa 11,5 Millionen Euro sehr hoch.“ Bezirksbeirat Thilo Reith.

FEUERBACH: „WIR SCHLAGEN EINEN STANDORT IM OSTEN FEUERBACHS VOR“
 

„Die FDP Fraktion im Bezirksbeirat Feuerbach schlägt eine alternative Lösung für die Unterbringung einer weiteren Flüchtlingsunterkunft in Feuerbach vor. Mit der Gemeinderatsdrucksache 503/2023 schlägt die Stadtverwaltung unter 3.2 vor, in der Leobener Strasse/Im Gaizen auf dem Flurstück 3943/1 mit 12 210 qm bis zu 235 Unterbringungsplätze in 57 modularen Containerbauten und 43 Wohnmodulen zu schaffen.

Vorgesehen sind zunächst zwei Jahre Standzeit, die jedoch verlängert werden sollen. Aus Sicht der Fraktion der Freien Demokraten gibt es mehrere Punkte, die gegen diesen Aufstellungsort sprechen.

Zunächst ist der Standort infrastrukturell schlecht erschlossen. Geschäfte der Nahversorgung sind in der näheren Umgebung fußläufig nicht vorhanden. Eine weitere Versiegelung von Flächen ist in diesem Bereich ökologisch nicht sinnvoll. Es muss auch Rücksicht auf die vorhandene Bio-Infrastruktur genommen werden. Der Standort ist sehr stark lärmbelastet durch die nahen gelegenen Industrie- und Gewerbebetriebe.

In den nächsten Jahren entsteht in diesem Gebiet darüber hinaus bereits eine erhebliche Zusatzbelastung gerade durch Lärm und Verkehr durch erhebliche Großbaustellen in mittelbarer Umgebung: Neu- und Umbau der Hattenbühlschule, Neu- und Umbau des NLG mit Interimsbauten auf dem Gelände der Kerschensteinschule und der Festhalle sowie Neubau der LHS/AWS an der Leobener Strasse 84. Durch diese gleichzeitig stattfindenden Maßnahmen sind die Anwohner insgesamt bereits stark belastet.

Wir schlagen alternativ vor, einen Standort im Bereich Feuerbach-Ost zu prüfen, etwa auf dem stillgelegten Parkplatz der Flint Group. Hier handelt es sich um bereits versiegelte Flächen, die sehr viel näher zu ÖPNV und den Geschäften des täglichen Bedarfs liegen.

Mit einer Realisierung des Vorhabens in diesem Bereich wäre kein Eingriff in die Umwelt verbunden. Unabhängig von der Wahl des Standortes, ist es zwingend notwendig, die Nachbarschaft (egal, ob privat oder gewerblich) rechtzeitig, offen, ehrlich und umfangreich zu informieren und mitzunehmen. Mangelnde Kommunikation sorgt am Ende für Misstrauen und Ablehnung.“ Bezirksbeirat Alexander Pross

STUTTGART OST: „STANDORT SCHEINT GEEIGNET“
 

„Der Standort für die Flüchtlingsunterkunft Schwanenplatz neben Mineralbad Berg für 108 Flüchtlinge erscheint uns von der Lage als geeignet. Über die benachbarte Stadtbahnstation Mineralbäder besteht schnelle Anbindung an die City, den Ostendplatz oder Bad Cannstatt, wo sich Nahversorger sowie städtische und soziale Einrichtungen befinden.

Im Schlossgarten sowie im Park der Villa Berg gibt es Freizeit- und Spielangebote für Familien. Eine Alternativfläche für die Einrichtung sehen wir in Stuttgart-Ost derzeit nicht. Bislang sind erst knapp über 50 Geflüchtete im Bezirk untergebracht.“ Bezirksbeirat Frank Bantle

STUTTGART NORD: „ALTERNATIVSTANDORT ROTE WAND BESSER GEEIGNET“
 

„Für den Stadtbezirk Nord stehen zwei zusätzliche Flüchtlingsunterkünfte mit 184 und 162, zusammen 346 Plätzen auf der Liste der neu zu errichtenden Unterkünfte. Wir haben aktuell und in der Vergangenheit bereits überdurchschnittlich viele Flüchtlinge im Stadtbezirk aufgenommen, etwa im früheren Bürgerhospitales. (siehe z. B. hier und hier die Zahlen waren davor noch deutlich höher). Wir lassen die Stadt nicht im Stich, denn wir wissen, dass die Geflüchteten eine Unterkunft benötigen und die Stadt in der Pflicht steht.

Als Alternative für die Unterkunft in der Parlerstraße bringen wir das Areal der roten Wand ins Gespräch. Die Bebauung scheint aktuell aus Kostengründen sehr schwierig zu sein, sodass zumindest Teile des Areales zur Verfügung stehen könnten. Da es sich um einen früheren Standort für eine Flüchtlingsunterkunft handelt, dürfte die Versorgungsinfrastruktur (Wasser, Abwasser, Strom) noch vorhanden sein. Der Vorteil der roten Wand ist die Nähe zur Stadtbahnhaltestelle Killesberg und zu preisgünstigen Einkaufsmöglichkeiten (Aldi, Edeka), beides befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Wir freuen uns, wenn die Stadt den langjährigen überdurchschnittlichen Einsatz des Stadtbezirkes Nord bei der Aufnahme von Geflüchteten honoriert und endlich das Versprechen einlöst, zeitnah einen Ersatz für die im Zuge der Bebauung des Staiger-Areales 2019/2020 aufgelassenen dringend benötigten Sportanlagen (Beachvolleyballplatz und Kleinfußballfeld) an der Skaterhalle ortsnah zu schaffen, und für den kürzlich im Juni 2023 aufgelassenen Fußballplatz im Rosensteinpark an der Ehmannstraße sofort Ersatz einrichtet. Zum Beispiel an anderer Stelle im Rosensteinpark, im Wartbergpark (Beachvolleyballfeld) oder an einem anderen geeigneten Ort.

Dass die Stadt Stuttgart im unterdurchschnittlich mit Sportanlagen versorgten Stadtbezirk Nord seit Jahren Sportanlagen auflässt, steht im Widerspruch zum Anspruch der Stadt, seine Bürgerinnen und Bürger zu Sport und Bewegung und damit zu einem gesünderen Leben zu animieren.“ Bezirksbeiräte Wolf Dieter Dallinger und Angelika Barwasser

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