Sitz(ungs)blockade

Wir Stadträte sind gerne ganz vorne mit dabei, über zu langsame Entscheidungsprozesse, aufgeblähte Strukturen und lähmende Bürokratie in der Verwaltung zu schimpfen. Die Bühne dafür gibt man uns in 44 Gremien und jährlich 316 Sitzungen mit insgesamt 831 Sitzungsstunden. Dabei sind in 2023 insgesamt 1702 Anträge entstanden – rund 1400 davon allein zum Stadthaushalt.

„Fleißig fleißig“ mag man da denken und den Gemeinderat für sein Engagement loben. Doch setzt man diese Zahlen in den Vergleich mit anderen größeren Kommunen, erkennt man, dass es in Stuttgart mit der Sitzeritis maßlos übertrieben wird und die Anzahl der Anträge bereits den Zenit des Bearbeitbaren überschritten hat. Nicht einmal die Millionenstadt Köln kommt mit 190 Sitzungen jährlich annähernd auf dieses Niveau. Ist ein solches Übermaß an Gemeinderatsbeteiligung also sogar eher kontraproduktiv? Wie ernst werden Anträge des Gemeinderats genommen, wenn dieses Mittel inflationär verwendet wird?

Wie groß ist der Anteil des Gemeinderats selbst an der Lähmung der Verwaltung durch eine derartige Bindung von Ressourcen? Echte und effektive (Bürger-)Beteiligung funktioniert eben nicht nach dem Prinzip: „Viel hilft viel.“. Sie funktioniert mit Fokus, mit Verbindlichkeit und mit nachweisbarer Wirksamkeit. Eine schlanke Sitzungsökonomie statt „Quatschbuden“ ist dabei eine Grundvoraussetzung, die dringend geschaffen werden muss.

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