Wohnraumknappheit: Alarmierend neue Zahlen

Die Wohnraumkrise in Stuttgart erfordert umfassenden Ansatz und neue Konzepte, fordern FDP-Stadtrat Eric Neumann und FDP-Landtagsabgeordneter Friedrich Haag. Die Förderpolitik für Sozialmietwohnungen sei gescheitert: „Jetzt ist ein grundlegendes Umdenken gefragt“, sagen beide unisono. 

Die Wohnraumknappheit in Stuttgart hat alarmierende Ausmaße erreicht – vor allem im Bereich der Sozialmietwohnungen. Etwa 4000 Haushalte in Stuttgart warten dringend auf die Zuteilung einer geförderten Wohnung, im ganzen Land Baden-Württemberg fehlen sogar rund 200 000 Sozialwohnungen. Land und Stadt stehen vor einer kritischen Situation.

„Doch nicht nur der aktuelle Mangel bereitet Sorgen – auch die Perspektive, dass tausende weitere Sozialwohnungen in den kommenden Jahren vom Markt verschwinden, macht deutlich, dass eine grundsätzliche Überarbeitung der bisherigen Ansätze erforderlich ist“, sagt FDP-Stadtrat Eric Neumann.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag ergänzt: „Im Land wird immer mehr Geld für sozialen Wohnungsbau aufgewendet, trotzdem ist der Effekt nicht da. Daher müssen wir das derzeitige Modell des sozialen Wohnungsbaus grundlegend überdenken. Zusätzliche existieren noch weitere teure Förderprogramme, die bislang keine oder kaum Auswirkungen haben, wie etwa der Grundstücksfonds BW.“

Problemstellung:

Die Herausforderungen sind vielschichtig. Zum einen werden zwischen 30 und 50 Prozent der Sozialwohnungen von Mietern bewohnt, deren wirtschaftliche Situation sich inzwischen so verbessert hat, dass die Grundlage für die Belegung einer geförderten Wohnung ganz oder teilweise entfallen ist – Glück für die Mieter, Pech für die Haushalte, die auf der Warteliste stehen.

Laut des Bauexperten der FDP im Bundestag, Daniel Föst, ist die Zahl der Sozialwohnungen weiter gesunken. Auch er sagt, dass viele Sozialwohnungen von Mietern bewohnt werden, die aus ihrer wirtschaftlichen Kraft heraus eigentlich keine Sozialwohnung benötigten. „Wir reden hier von Fehlbelegungsquoten zwischen 30 und 50 Prozent“, sagt Föst.

Zum anderen blieben Sozialmietwohnungen nicht für immer Sozialmietwohnungen, moniert Eric Neumann. In der Regel läuft die so genannte Belegungsbindung nach 30 Jahren aus. Danach stehen die Wohnungen wieder dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung. „Und das ist auch gut so!“, sagt Stadtrat Eric Neumann, „denn nur so gab es in der Vergangenheit überhaupt einen Anreiz für den Markt, Sozialmietwohnungen zu bauen.“ Das Auslaufen von tausenden Belegungsbindungen stellt aus seiner Sicht dennoch ein großes Problem für Stuttgart dar – eine Verlängerung ist in vielen Objekten wirtschaftlich nicht darstellbar.

Die Konsequenz daraus lautet: Es müssen neue Sozialmietwohnungen gebaut werden – der drastische Rückgang von Baugenehmigungen in Stuttgart zeigt jedoch in die falsche Richtung. Das beweist, dass die vorhandenen Fördermechanismen, die sich auf die Objektförderung – also auf die Förderung der Erstellung von Sozialwohnungen –  konzentrieren, gescheitert sind. Zudem bergen sie Nachteile wie eine ineffektive Durchmischung in Quartieren und die Schaffung bürokratischer Hürden.

Lösungsansätze:

Schritt 1

Kurzfristige Maßnahmen wie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Reduzierung von Bauauflagen und eine verbindliche Förderung durch das Land sind zwar weiterhin nötig, sie behandeln aber nur die Symptome der Krise und nicht das eigentliche Problem. 

Eine nachhaltige Lösung erfordere nach Ansicht der FDP-Gemeinderatsfraktion vielmehr einen grundlegenden Wandel in der Förderpolitik. „Statt Objektförderung sollte verstärkt auf Subjektförderung gesetzt werden. Das heißt, dass die Mieter in der Phase des Unterstützungsbedarfes gefördert werden. Dieser Ansatz hat mehrere Vorteile, darunter die Reduzierung von Fehlbelegungen und das Vermeiden von Problemen bei der Quartiersdurchmischung“, sagt Neumann und nennt ein Beispiel: „Durch die Förderung der Mieter anstelle der Wohnung selbst werden Belegungsbindungen obsolet, und der Weg für einen effizienteren Bau von Sozialmietwohnungen wird geebnet.“ 

Dieser Paradigmenwechsel würde aus Neumanns Sicht „nicht nur die Vergabe von günstigem Wohnraum flexibler gestalten, sondern auch den Bau erleichtern und den Wohnungsdruck in Stuttgart nachhaltig mindern“. Die Stadt geht bereits solche Wege. Das Programm „WERTvoller Wohnraum“ versucht Wohnungen auf dem freien Markt mit Garantiemietverträgen für eine soziale Vermietung zu gewinnen.

Auf Landesebene müsse der Hebel bei der Landesbauordnung (LBO) angesetzt werden, fordert Friedrich Haag: „Viele Vorschriften wirken kostentreibend, wie die Stellplatzpflicht, sowohl für Autos als auch für Fahrräder, oder Pflicht für Abstellräume für Wohnungen zu erreichten.“ 

Auch Vorschiften außerhalb der LBO, wie etwa die Photovoltaikpflicht, sind teure Gängelungen von Bauherren. In der jetzigen Situation müssten aber alle Register gezogen werden. Die Wiederaufnahme der Typengenehmigung, Einführung einer Gebäudeklasse E, die weitere Bereitstellung von Bauland, anstatt dogmatischer Flächensparziele, sowie die Absenkung der Grunderwerbssteuer sind ebenfalls Maßnahmen die kurzfristige Entlastung bringen.

Fazit

„Die Wohnraumkrise in Stuttgart erfordert einen umfassenden Ansatz, der kurzfristige Maßnahmen zur Bewältigung des akuten Mangels mit langfristigen Strategien zur Verbesserung der Förderpolitik kombiniert“, resümiert Neumann: „Ein Umdenken von der Objekt- zur Subjektförderung könnte nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch mit einem Schlag viele Hindernisse für die Erschaffung von attraktivem Wohnraum nehmen und viele soziale Probleme lösen.

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